… Chopin läuft, wie immer wenn ich arbeite oder mich kreativ beschäftige. Ob das hier nun Arbeit ist oder eher eine nette kleine Kreativität weiß ich nicht, vielleicht ist es auch nur eine Idee die daraus entstand das meine Beraterin meinte ich soll meine Gedanken die ich über meine Mutter habe in einen Brief schreiben. Dieser Brief soll wohl besser nie abgeschickt werden, meinte meine Beraterin, bei dem bloßen Gedanken wird mir auch ganz anders.
Ich habe morgen wieder einen Termin bei ihr, der letzte ist 2 Wochen her. Ich will den Brief schreiben den ich habe das Gefühl diese Gespräche bewegen tatsächlich etwas, dass wird mir in letzter Zeit so oft schmerzlich vor Augen geführt… Was war ich bloß für ein riesen Idiot. Warum ich das jetzt sage? Ich habe grade mit ihr telefoniert, nein nicht mit meiner Mutter, mit der Frau die ich liebe. Wenn ich ihr nur dieses ganze WirrWarr in meinem Kopf erklären könnte und was meine Mutter und meine Kindheit damit zu tun hat, doch es ist mir peinlich. Aber wer weiß ob das überhaupt etwas bringen würde, ich höre von ihr in letzter Zeit immer wieder den Satz: “ Es ist zu spät“.
Doch nun erst mal zu meinem Therapie-Ziel für heute… der Brief.
[Brief an meine Mutter]
Hallo Mama,
Ich weiß nicht wie ich anfangen soll dir zu sagen was ich denke und fühle. Ich habe so lange Zeit gedacht ich komme zurecht mit dem was passiert ist und das ich verstehe warum du so gehandelt hast wie du es eben hast. Doch seit es mir so schlecht geht und ich auf der suche nach einer Lösung für meine Probleme bin zeigen sich meine Narben oder vielleicht sogar noch Wunden immer deutlicher. Ich glaube das du mir schlimme Sachen angetan hast die bis heute nicht wieder in Ordnung sind, vieles was ich denke und fühle ja wonach ich mich sehne ist eben so wie es ist weil du so warst wie du ein Stück weit immer noch bist. Ich glaube du konntest mich oft nicht genug lieb haben doch ich war ein Kind und ich hätte es verdient gehabt von dir in den Arm genommen zu werden, ich hätte es verdient gehabt das du mir sagst das ich was besonderes bin und ich gut bin wie ich eben bin statt dessen hast du mich geschlagen mich angeschrien und mir gesagt das aus mir nichts wird. Ich wollte es dir damals als Kind schon immer recht machen und dir zeigen wie toll ich sein kann, doch du hast es nicht gesehen. Ich habe gelernt schlechte Noten vor dir zu verstecken und zu lügen um keinen Ärger zu bekommen… So handel ich heute noch manches mal, das sind keine Eigenschaften die man einem Menschen mit auf den Weg geben sollte. Mich plagen Ängste und Selbstzweifel, ich habe unheimliche Angst Fehler zu machen weil ich eben nie lernen durfte wie man mit diesen umgeht. Auch heute sagst du mir nie ins Gesicht das du Stolz auf mich bist, dabei habe ich mehr erreicht als irgendwer sonst in unserer Familie… trotz alledem bin ich nicht glücklich. Ich fühle mich von dir nicht wahrgenommen und ich glaube wir beide haben total, aber völlig, unterschiedliche Ansichten vom leben. Ich finde dich so oft überheblich und ungerecht. Trotzdem will ich dir gefallen doch das engt mich ein, du machst das ich nicht ich selbst sein kann weil ich Angst habe. Ich habe immer nur Angst den ich war ein Kind welches immer Angst hatte und dieses bin ich immer noch. Ich hätte mir gewünscht das du mich in allem unterstützt hättest und das meine ich nicht auf der materiellen Ebene sondern auf der Emotionalen. Ich hätte mich gefreut dich auf einem meiner Fußball-Turniere zu sehen, ach was rede ich ich hätte mich darüber gefreut zu hören das du mich lieb hast… eine Umarmung, einen Kuss? Ich wollte das du mich Liebst! Und ich fühle mich schlecht das zu verlangen aber ich glaube ich hab es verdient ja ich glaube es ist sogar mein recht, so wie von jedem anderen Menschen auch von seinen Eltern geliebt zu werden. Wieso hast du mir nicht beigebracht wie es geht man selbst zu sein? Diesen Weg muss ich nun alleine gehen, und es ist sooo schwer.
Es gab Momente in denen du dich für mich eingesetzt hast, eine war als dieses Mädchen mich immer geärgert hat und mich geschlagen und getreten hat. Ich fand es toll wie du sie dazu gebracht hast das für immer zu Unterlassen ich hab mir gewünscht du hättest immer so viel Einsatz gezeigt. Desweiteren bin ich dir sehr Dankbar für den Satz : “ Wenn du dich ungerecht behandelt fühlst mach den Mund auf“ , wirklich den habe ich mir sehr zu Herzen genommen und er hat mir so oft geholfen. Nur dir gegenüber konnte ich nie sagen das ich mich ungerecht behandelt fühle. Ich weiß das ich nichts ändern kann, ich bin Erwachsen und jetzt ist es mein Leben, meine Gefühle, meine Probleme. Doch ich wünschte es wäre anders gekommen und ich hoffe ich kann mein Glück finden, ich selbst sein… endlich frei sein. Den glaub mir ich habe so viel verspielt, verloren und falsch gemacht…
PS: Ich weiß nicht ob das alles war, ob ich alles sagen konnte, ob ich mich getraut habe dir alles zu sagen… Vielleicht schreib ich dir bald wieder…
Deine Tochter
[Ende]
Ich bin Müde, total Kaputt, Verwirrt und außerdem immer noch in Gedanken bei den Fehlern die ich gemacht habe. Ich habe trotzdem das Gefühl das es weiter geht, das fühlt sich gut an… Ich bin froh endlich angefangen zu haben meine Gedanken aufzuschreiben und ich bin Stolz auf mich das ich ein Fuß vor den anderen setze.
Gute Nacht